Naturnahe Gestaltung

Definition «Naturnah»

Als naturnah werden Lebensräume bezeichnet, die

  • ohne gezielte Veränderung des Standortes oder ohne direkten menschlichen Einfluss entstanden sind
  • nicht wesentlich vom Menschen verändert wurden und höchstens extensiv genutzt werden
  • Lebensräume, künstlich geschaffen und nach ihrer Entstehung einer weitgehend natürlichen Entwicklung überlassen wurden sowie für den Standort typische Pflanzen- und Tierarten aufweisen.

Definition «Naturnaher Freiraum»

Als «naturnahe Freiräume» werden Flächen, bzw. Landschaftsteile bezeichnet, deren Charakter nicht von gestalteten, baulich-technischen und/oder durch Nutzung dominierten Elementen geprägt ist, sondern die den Eindruck der Ursprünglichkeit hervorrufen. Dieser Eindruck entsteht auch dann, wenn Nutzungsspuren (z.B. der Erholung, des Waldbaus, der landwirtschaftlichen Extensivnutzung, von verlassenen, nicht mehr genutzten Bauten) wahrgenommen werden, die jedoch im Gesamtbild eine untergeordnete Rolle spielen.

Wie gross der Flächenanteil an «Wildnis» oder «Urwald» im Vergleich zu den extensiv gepflegten, genutzten, bzw. gestalteten Bereichen ausfällt, richtet sich dem subjektiven Empfinden des Betrachters und nach der konkreten Ausprägung der Fläche im Einzelfall.

Natur im Siedlungsraum

Grün- und Freiflächen sind im dicht besiedelten Raum zunehmend wichtige Lebensräume für Tier- und Pflanzenarten, aber auch Erlebnis- und Erholungsräume für die Bevölkerung. In Siedlungsräumen ist oft eine erstaunlich hohe Biodiversität zu finden. Entscheidend dafür sind strukturell abwechslungsreich gestaltete Naturräume für die Tier- und Pflanzenwelt. Nachfolgend finden Sie die wichtigsten Argumente, die für eine naturnahe Gestaltung sprechen:

Vernetzung mit der umgebenden Landschaft

Durch die Ausdehnung der Siedlungsgebiete, das dichte Strassen- und Bahnnetz sowie die intensive Nutzung der Kulturlandschaft wird die Landschaft zerstückelt. Für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten sind die noch vorhandenen geeigneten Lebensräume oft zu klein, zu isoliert oder nicht von ausreichender Qualität. Dadurch ist die langfristige Erhaltung der Biodiversität gefährdet. Mit einem hochwertigen Netzwerk natürlicher und naturnaher Flächen (Gärten, Parks, Spielplätze, etc.) werden überlebenswichtige Strukturen geschaffen und die notwendige Wanderung der Arten wird unterstützt.

Hohes Potenzial im Siedlungsgebiet

Für die einheimische Tier- und Pflanzenwelt haben naturnahe Räume gegenüber intensiv genutzten oder naturfern gestalteten Flächen deutliche Vorteile. Selbst in städtischen Gebieten finden im Vergleich zum intensiv genutzten Landwirtschaftsgebiet deutlich mehr Tiere und Pflanzen eine n geeigneten Lebensraum. So besiedeln z.B. Waldbewohner Parks mit alten Bäumen, Auenbewohner unversiegelte ruderale Flächen und Felsbewohner Mauern und Gebäudefassaden. In Blumenwiesen und Hecken mit Wildsträuchern finden viele Insekten, Vögel und Säuger Nahrung, Schutz und Nistmöglichkeiten.

Nahrung und Lebensraum für einheimische Tiere

Häufig benötigen einheimische Tiere für ihre Entwicklung zwingend einheimische Pflanzen oder Strukturen. Viele fremdländische Pflanzen können Ansprüche von einheimischen Tieren nicht erfüllen. An die allermeisten Zierpflanzen sind unsere Tiere nicht oder wesentlich weniger gut angepasst. Gärten oder Parkanlagen ohne Insekten sind für viele andere Tierarten unattraktiv und ohne die bestäubenden Insekten hätten wir keine Früchte und keine Gemüse.

Eine naturnahe Gestaltung bedeutet

der Natur mehr Raum lassen

  • Planen Sie Nischen für die Natur ein. Gebäude, Mauern, Wege, Treppen, Plätze, Böschungen usw. so bauen, dass sich einheimische Pflanzen und Tiere ansiedeln können.
  • Schaffen oder erhalten Sie Lebensräume für standorttypische Pflanzen und Tiere. Verwenden Sie für die Begrünung einheimische Gehölze und Krautpflanzen.
  • Leben und leben lassen: tolerieren Sie freilebende Tiere und spontan aufkommende Vegetation grosszügig. Überall wo mehr Natur sein kann, soll sie auch sein dürfen. Entfernen Sie Pflanzen, die sich grossflächig plötzlich ausbreiten und invasive ► Neophyten.

Lebensgrundlagen schonen

  • Kreisläufe schliessen, z.B. kompostieren, Regenwasser versickern lassen
  • Natürliche Ressourcen schonen, z.B. umweltfreundliche, energiearme Stoffe wählen, Materialien sparsam einsetzen, Altmaterial wiederverwenden
  • Natürliche und nachhaltige Materialien verwenden: z.B. Natursteine statt Beton, sickerfähige statt versiegelte Beläge, Komposterde statt Torf
  • Boden, Wasser und Luft sauber halten, z.B. keine chemischen Pflanzenbehandlungsmittel und keine leicht löslichen mineralischen Düngemittel verwenden

Kosten senken dank geringerem Pflegeaufwand

  • Tiere brauchen Rückzugsräume, die durch zu häufige Pflege oder durch einen falschen Schnittzeitpunkt verloren gehen. Weniger ist mehr.
  • Einheimische Pflanzen sind an den Boden und das Klima angepasst und benötigen darum keine intensive Pflege und keinen Dünger. Lediglich in besonders trockenen Sommern ist eine Bewässerung notwendig. Im Winter ertragen einheimische Pflanzen auch sehr kalte Perioden.

Weiterführende Webseiten:

  • Förderung Biodiversität im Siedlungsraum – Angebote für Gemeinden: ► Webseite
  • Lichtverschmutzung – Bedeutung, Empfehlungen: ► Webseite
  • Kompetenzzentrum für Natur im Aargau (Beratung, Angebote, Informationen, Downloads - für Schulen, Gemeinden, Naturinteressierte): ► Webseite
  • Natur im Siedlungsraum fördern – Projekte, Beratung, Hilfsmittel: ► Webseite
  • Naturmodule – moderne Gestaltungselemente für mehr Naturvielfalt: ► Webseite
  • Projekt Natur findet Stadt – Naturnahe Gestaltung auf öffentlichen Flächen und im privaten Garten: ► Webseite
  • Wissensportal für naturnahe Freiräume – Fokus-n: ► Webseite

 

Weiterführende Broschüren, Zeitschriften & Bücher:

  • Enzyklopädie der essbaren Wildpflanzen (Steffen Guido Fleischhauer), 2003 AT Verlag, ISBN 385502-889-3
  • Gärtnern für Tiere – Das Praxishandbuch für das ganze Jahr (2013), Adrian Thomas, ISBN 9783-258-07759-8
  • Gärten für Kinder, 2003, Alex Oberholzer und Lore Lässer, ISBN 9783-8001-4138-8
  • Natur schaffen – Ein praktischer Ratgeber zur Förderung der Biodiversität in der Schweiz, Gregor Klaus und Nicolas Gattlen, 2016, ISBN 9783-258-07960-8